Historikertag in Schloßau

(lm) Als schon fast traditionell bezeichnete Landrat Detlef Piepenburg die Eröffnung der Neckar-Odenwald-Tage mit dem Historikertag, und aus gegebenem Anlaß fand diese Veranstaltung im schönen Schloßau, nach einem unbekannten Dichter der „Perle vom Odenwald“, statt.

Doch nach den fesselnden Ausführungen von Dr. Britta Rabold über die sensationellen Ausgrabungsfunde im Schloßauer „Burggewann“ sowie dem Rückblick von Bruno Trunk über das „Odenwalddorf Schloßau im Wandel der Zeit“ setzte Piepenburg noch eins drauf und sprach damit den unzähligen Gästen aus dem Herzen: „Geschichte ist spannend, ein echter Thriller“.

Doch zunächst begrüßte der Landrat Bürgermeister Dr. Norbert Rippberger als Gastgeber der Neckar-Odenwald-Tage 2004 und beglückwünschte ihn zu den umtriebigen Vereinen, die die Gemeinde und die Ausgrabungen mit zahlreichen Aktivitäten während des Sommers in den Mittelpunkt gerückt hätten. Darauf könne die Touristikgemeinschaft Odenwald, der der vordere, aber vor allem der Odenwaldlimes am Herzen liegt, in ihrer Arbeit aufbauen. Ein weiterer Gruß galt dem neuen Ortsvorsteher Herbert Münkel sowie seinem Vorgänger im Amt, Hans Moser und dem Hausherrn des Veranstaltungsortes, Rektor Ernst Hauk.

Bürgermeister Dr. Norbert Rippberger bezeichnete sich als Neuling beim Historikertag und sah seine große Bedeutung, dass man aus den Erkenntnissen der Geschichte die Traditionen anerkennt, und dadurch Offenheit, Verständnis und Akzeptanz lernt. „Die neuen naturwissenschaftlichen Erkenntnisse sind einfach undenkbar ohne das Verständnis ihrer Entwicklung über Jahrtausende“. Schon aus diesem Grund sei das Wann, Warum, Weshalb und Wie über die Römer in Schloßau so wichtig. Daher galt sein besonderer Dank dem emsigen archäologischen Ausgrabungsteam unter Leitung von Dr. Britta Rabold, dessen Arbeit für die Gemeinde und für die Aufwertung des Odenwaldlimes so wichtig sei.

Sein weiterer Dank richtete sich an die aktiven Vereine vor Ort für deren Engagement, an den Verein „örtliche Geschichte Schloßau/Waldauerbach“ für die Bewirtung der Veranstaltung und an das Landratsamt des Neckar-Odenwald-Kreises für die Unterstützung. In ihren Ausführungen vermittelte Dr. Britta Rabold gleichzeitig ihre eigene Begeisterung über die „sensationellen Funde“ in Schloßau und über das Leben der Römer selbst. Dem war zu entnehmen, dass man hier erstmals den Nachweis über die Komplexität eines so großen Vicus (Zivilsiedlung) mit Gewerbegebiet in der Nähe eines römischen Kastells habe führen können. Mit besonderem Interesse verfolge man den Verlauf der gut erhaltenen befestigten Strasse.

Und dann waren es auch noch die Erfolge ihres Lieblingskaisers Trajan, die für die Gründung des Schloßauer Kastells ursächlich waren. In einer Veröffentlichung heißt es: Im dem ca. 60 Meter vor der Südostecke des Kastells liegenden Bad wurden die bereits angesprochenen Ziegelstempel gefunden, die die achte und zweiundzwanzigste Legion nennen. Sie zeigen, dass zumindest ein Teil des Baumaterials für die Limesbauten von der Legionsfabrik in Mainz bzw. Straßburg hergestellt und über weite Strecken herangeschafft wurde. Neben Back-, Schmiede- und vier Töpferöfen habe man einen Ziegelbrennofen gefunden. Derzeit geht man davon aus, dass nicht alle hergestellten Waren für das Schloßauer Kastell benötigt wurden, daher werde geprüft, ob Schloßau exportiert hat. Als besonderen Leckerbissen beschrieb Dr. Rabold den Fehlbrand einer ganzen Ofenladung in einem überhitzten Töpferofen. Des weiteren habe man Kanonenkugeln in verschiedenen Durchmessern, aber auch Kunsthandwerk gefunden und sei gespannt auf weitere Erkenntnisse. Vor allem die Akzeptanz sowie das Interesse der ansässigen Bürger und der Gemeinde Mudau habe dem Landesdenkmal einen unschätzbaren Dienst erwiesen, so Dr. Rabold abschließend ihrer Ausführungen, denen sich zahlreiche interessierte Fragen des gefesselten Publikums anschlossen.

Bruno Trunk gilt als profunder Kenner der Geschichte seines Heimatdorfes, was ihm neben zahlreichen Beiträgen, Festschriften und Festreden zu Vereinsjubiläen unter anderem das Amt des 1. Vorsitzenden vom „Verein örtliche Geschichte Schloßau/Waldauerbach“ eingebracht hatte. Im einem bildlich untermauerten Vortrag präsentierte er Entstehung und Siedlung des Odenwalddorfes Schloßau, die Zeit unter der Herrschaft Mainz, strukturelle und wirtschaftliche Verhältnisse im 19. und 20. Jahrhundert, seine kirchliche, schulische und vereinsmäßige Entwicklung sowie seine Geschichte als Ortsteil von Mudau. Und schließlich war auch dem größten Skeptiker klar: Der Odenwald kann es durchaus mit dem Schwarzwald aufnehmen. Die Gemarkung Schloßau zählt mit 2.240 Hektar zu den größten im ehemaligen Kreis Buchen. Der Waldanteil beträgt 70 Prozent und gehört größtenteils dem Fürstentum Leiningen.

Schloßau war eins planmäßig in Form eines Waldhufendorfes angelegt worden und habe sich erst in allerjüngster Zeit vom lockeren Streudorf zu einem geschlossenen Straßendorf entwickelt. Nachdem die Römer von den Alemannen um 260 n. Chr. endgültig vertrieben worden waren, hat sich vermutlich niemand für die karge Landschaft interessiert. Die erste urkundliche Erwähnung des Dorfes „Slozzah“ (Das Schloss am fließenden Bach) war 1271 als Ullrich III. von Dürn die obere Cent Mudau und Schloßau an den Erzbischof Werner von Mainz verkaufen musste. Die Entstehung von Schloßau ist eine lange und traurige Geschichte, deren absolutes Tief mit dem 30jährigen Krieg und einem Bevölkerungsverlust von 90% begann und bis Ausgang des 18. Jhds. andauerte. Während die Dorfbewohner bis dahin hauptsächlich von der Landwirtschaft lebten, gab es bereits 1840 mehr Handwerker als Landwirte, von deren aufgrund des rasanten Fortschritts bis 1900 aber nur noch fünf übrig blieben. Bis kurz nach Ende des 2. Weltkrieges konnte man Schloßau dann als Metropole der Holzhauer im Odenwald bezeichnen. Heute gilt Schloßau/Waldauerbach mit etwas mehr als 900 Einwohnern als sauberes aufstrebendes Dorf mit einer großen geschichtlichen Vergangenheit.

Quelle: mudau.de, 30.09.2004