Der Christbaum ist der schönste Baum

Zwei Tage nach dem Nikolaustag feiern die Katholiken Maria Empfängnis. Diesem Tag wird allerdings in unserer Region kein besonderes Brauchtum beigemessen.In anderen Ländern wie in Österreich oder Spanien ist er hingegen sogar ein gesetzlicher Feiertag. Mitten im Advent, am 13. Dezember feiert die katholische Kirche den Gedenktag der heiligen Lucia. An diesem Tag steht die Wiederkehr des Lichts im Mittelpunkt. Im alpenländischen Raum wurden selbst gebastelte Lichterhäuser auf einem fließenden Gewässer zusammen mit einem Kerzenlicht ausgesetzt.Den Kindern wurden dort zudem auch gerne furchteinflößende Schauermärchen von der „grauslichen Luci“ erzählt. Mancherorts ließ man früher zur heiligen Lucia in den kleinen Häusernischen mit Heiligenfiguren, gerne ein Licht brennen oder zündete dort eine Kerze an. Der Lichterbrauch zur heiligen Lucia kam ehemals von Schweden zu uns nach Deutschland und soll daran erinnern, dass den Christen bald das Licht der Welt erscheinen wird. 

Zum Luciatag am 13.12. ließ man vielerorts gerne ein Licht oder eine Kerze in den Häusernischen der Heiligenfiguren brennen. Bild: Thomas Müller

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Danach ist es nicht mehr lange hin bis Weihnachten. Zeit den Christbaum zu „organisieren“. Etwa im halben Advent beschafften in früheren Zeiten die Männer eine kleine Fichte, gefragt oder ungefragt! Nach Meinung der Männer, war der Christbaum am Weihnachtsabend umso schöner, je weniger er gekostet hatte! Zumeist hatten sie schon über das gesamte Jahr einen schönen Baum auserkoren, der schließlich an Heilig Abend das Weihnachtszimmer schmücken sollte. Tiefer Schnee erschwerte häufig das Unterfangen und so manche verräterische Spur führte letztendlich doch nach Hause zum Dieb. An den Forstämtern konnte man hingegen Weihnachtsbäume auch schon früher käuflich erwerben, ganz ohne Gefahr erwischt zu werden.

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 Mehrere Generationen der Familie Nörbel aus Schloßau nach der Bescherung, 1933 um einen kleinen Christbaum. Bild: Familie Nörbel, Repro: Thomas Müller

Der Christbaumbrauch ging darauf zurück, die Wohnung in der tristen Jahreszeit etwas zu begrünen. Das „einfache Volk“ bediente sich hierfür zunächst grüner Zweige und „Dannenreisig“. Die Anfänge des Weihnachtsbaums lassen sich im Jahr 1521 im Elsass ergründen. In der französischen Stadt Se’lestat hängte man in der Kirche die Weihnachtsbäume an ihrer Spitze an die Kirchendecke und schmückte sie mit Gebackenem, Nüssen, Äpfeln und weiteren essbaren Artikeln. Auf diese Weise kam man den Nagern zuvor, die auch ein Interesse an dem essbaren Weihnachtsschmuck hatten. Die hängenden Bäume von Se’lestat sind übrigens auch heute noch ein einmaliger Anblick. Auch in Straßburg lassen sich bei wohlhabenden Familien bereits ab dem 17. Jh. Christbäume finden, die mit allerlei Leckereien, vor allem aber mit Äpfeln geziert waren, welche an den Paradiesapfel erinnern sollten, weshalb er dort auch Paradiesbaum genannt wurde. 

Auch in Straßburg wurde er aufgehängt, allerdings mit der Spitze nach unten. Um 1830 wurden in Thüringen und den Glashütten des Bayrischen Waldes erstmals Christbaumkugeln aus Glas geblasen. Das Jahr 1858 war ein ausgesprochen schlechtes Erntejahr. Aus Mangel an Äpfeln blies damals einen Glasbläser aus dem elsässischen Meisental handgroße, rote Glaskugeln. Somit waren die roten Christbaumkugeln als Ersatz für die Äpfel entstanden. Der Weihnachtsschmuck entwickelte sich weiter und bald wurden die Bäume mit allen möglichen Dingen geschmückt. Zum 1870/71er Krieg wurden sogar Kriegsutensilien an den Weihnachtsbaum gehängt. Für die Baumspitze stand übrigens die preußische Pickelhaube Modell, deren Form sich bis heute gehalten hat. Gerade auf dem Lande bastelten die Kinder und Frauen für den Weihnachtsbaum auch Strohsterne. Stroh war in der Landwirtschaft schließlich reichlich vorhanden. Als erste Christbaumständer dienten zunächst noch geteilte Futterrüben oder aufgebohrte Holzklötze. Zum Weihnachtsschmuck kamen allmählich noch Wachskerzen hinzu, denn die Kugeln glänzten im Kerzenlicht und zudem wurde damit der eigentliche Sinn des Weihnachtsfestes symbolisiert. 1878 gab es in Nürnberg eine weitere Ergänzung.

Mit der Verwendung von Bleilametta in kleinen Bündeln wurden glitzernde Eiszapfen nachvollzogen. Das teure Lametta wurde nach dem Fest gebügelt, um es im nächsten Jahr erneut verwenden zu können.

Allmählich wurden die Fichtenbäume ergänzt durch Blaufichten, Kiefernbäume und Nobilistannen. Künstlicher Schnee aus Zuckerguss vermittelte das Gefühl von weißer Weihnacht in der guten Stube. Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen zu den Fichten und Kiefern noch Nordmanntannen hinzu, die inzwischen auf riesigen Plantagen für den alljährlichen Bedarf gezogen werden. Heute sind die Odenwälder Weihnachtsbäume zu einem regelrechten Industriezweig geworden. Auch der Baumschmuck hat sich gewandelt. Wachskerzen wurden von Elektrolichtern abgelöst, das Bleilametta ist ganz verschwunden, der künstliche Schnee kommt allenfalls noch aus der Spraydose und die Christbaumkugeln spiegeln in jedem Jahr eine aktuelle Trendfarbe wider. Aber keine Sorge, irgendwann kommt jede Farbe wieder. Wohl dem der einen großen Speicher hat!

 

Christkind Mathilde Grünwald in Ernsttal während dem Krieg  vor einem reich geschmückten Christbaum, mit allem was dazu gehört. Bild: Familie Grünwald, Repro: Thomas Müller

 
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Thomas Müller, Schloßau im Dezember 2020