Der Nikolaus kommt

 Vom heiligen Nikolaus, Knecht Ruprecht, Weihnachtsmann, Krampus und Pelznickel

„Lustig, lustig trallallalalla, bald ist Nikolausabend da!“ Den Refrain des bekannten Nikolausliedes kennt nahezu jedes Kind, denn er läutet quasi den Nikolaustag oder um genauer zu sein, den Abend davor ein. Am 05.12. ist Nikolausabend, der Abend wo üblicherweise Schuhe oder Stiefel vor die Tür gestellt werden, die am nächsten Morgen – dem eigentlichen Nikolaustag – für strahlende Kinderaugen sorgen. Im Gegensatz zu vielen anderen Regionen besuchte im Odenwald früher nicht der Nikolaus, sondern der Pelznickel die Kinder. Zur Verkleidung eines Pelznickeldarstellers wurde diesem ein alter (Militär)mantel angezogen, das Gesicht geschwärzt und dieses zudem mit einem Bart aus braunem Hanf bedeckt. Er trug einen Hut mit breitem Rand und ein paar schwere Stiefel. Im Vergleich zum Nikolaus oder zum Weihnachtsmann, wurde er auf diese Weise zu einer eher düsteren Gestalt. 

Nikolaus 1999

Der Weihnachtsmann im Jahr 1999, wie man ihn heutzutage als Gabenüberbringer kennt .

Um dem noch einen drauf zu setzen, band man ihm eine schwere Kette um den Bauch und gab ihm eine Rute sowie einen Kartoffelsack für die besonders bösen Kinder mit. Derjenige, der für alle Fälle schon mal ein Taschenmesser eingesteckt hatte, war eindeutig im Vorteil!  An diesem Tag wurde nämlich mit den Kindern abgerechnet. Der Pelznickel sprach hierzu auf ungehobelte Art und Weise wenig Lob und viel mehr Tadel aus. Manches Kind war danach von der Rute gezeichnet und auch noch Tage später traumatisiert. Hauptsache welsch, war die Devise. Die Rute blieb üblicherweise im Haushalt zurück, um später bei Bedarf zur Züchtigung der Kinder eingesetzt zu werden. Trotzdem brachte der Pelznickel Nüsse, Trockenobst oder andere Kleinigkeiten aus Mutters Küche. Nach dem Krieg kamen zu diesen Gaben noch Schokolade und Mandarinen hinzu. Nach seiner Aufführung  verließ er wieder das Haus und machte sich auf zum Nächsten. Heute würde bei derartigen Umgangsformen anstatt der Kinder sicherlich das Jugendamt in der guten Stube warten und daraufhin eher den Darsteller abführen, anstatt dieser die „bösen“ Kinder.

Entwickelt hat sich dieses Schauspiel um den Pelznickel aus der Geschichte des hl. Nikolaus aus Myra in Kleinasien. Nahezu jedes Kleinkind kennt heute das Wirken des Bischofs aus dem 4.Jh.. Von ihm wurde die Nikolausfigur mit Bischofsgewand, Mitra und Bischofsstab abgeleitet. Bis ins 16 Jh. brachten die Darsteller am 05. bzw. 06. Dezember alljährlich Äpfel, Nüsse und getrocknetes Obst. Zur Zeit der Reformation wollte man jedoch die Geburt Christi in den Vordergrund stellen und so hat vor allem in protestantischen Regionen das Christkind den Nikolaus als Gabenbringer abgelöst. Allmählich hat sich dieses schließlich zum 24.12. auch in den eher katholischen Regionen durchgesetzt. Das Nikolausspiel hat man als kleines Gabenfest zum Todestag des Heiligen, dem 06.Dezember, beibehalten. Im Odenwald wurde die strahlende Bischofsgestalt schließlich immer mehr durch den eher schmutzig daherkommenden Pelznickel abgelöst. Der Name dieser Figur ist abgeleitet vom Wort „Pelz“ das zweierlei Bedeutung hat. Einerseits der Bezug zum Pelz(mantel). Andererseits gilt „Pelzen“ in verschiedenen Odenwaldregionen auch als ein Synonym für „Krawallmachen“. Zudem der Anhang „Nickel“ als Ableitung von Nikolaus. Warum man aber gerade eine derartig düstere Figur für einen Gabenbringer schuf, ist nicht genau überliefert. Eine mögliche Antwort wäre, dass ein Bischofsgewand in den ländlichen, weit gestreuten Häusergruppen kaum vorhanden war und für einen einzigen Auftritt im Jahr, wollten sich die Haushalte ein solches Kostüm sicherlich nicht vorhalten. Dieses wurde am Nikolausabend in den kinderreichen Haushalten zudem überall gebraucht, weshalb ein Ausleihen ebenfalls kaum denkbar war. Somit machte die Not erfinderisch, denn ein alter Mantel, etwas Hanf, ein Hut sowie Ruß und eine Kuhkette waren überall verfügbar. Am Ende war die Pelznickelfigur, bestehend aus lauter haushaltsüblichen Dingen geboren und passend zum Outfit musste er dann auch möglichst ungehobelt auftreten.

Nikolaus zu Pferd 2 Nikolaus zu Pferd 1

 Bischof Nikolaus kam im Jahr 1970 mit dem Pferd zu den Kindern der Bediensteten ins Schloss Waldleiningen. Mit dabei hatte er ein separates Pferd mit einem Sack voller Geschenke.

Die Figur des heiligen Nikolaus wird heute gerne zusammen mit dem Knecht Ruprecht dargestellt, der als Begleiter zumeist das Amt des Geschenkeschleppers innehat. Auch dieser tritt bereits im Mittelalter als eher düstere Gestalt auf, welche die Kinder zur Frömmigkeit ermahnen soll. Sein Ursprung ist wohl in Thüringen und der Alpenregion zu suchen wo er „Krampus“ genannt wird. Nikolaus und Knecht Ruprecht sind vor allem bei öffentlichen Auftritten eine gern gesehene Abwechslung. In den Privathaushalten ist inzwischen der Weihnachtsmann der am häufigsten auftretende Gabenüberbringer. Für ihn sind die Verkleidungsgewänder inzwischen als Massenware günstig erhältlich. Der Weihnachtsmann hat seinen Ursprung im pfälzischen Landau. Dort wurde sein Erfinder, Thomas Nast, am 26.09.1840 geboren. Jene Zeit war geprägt von großen politischen Unruhen in unserer Region, denn die Badische Revolution lag gerade in ihren Anfängen. Ein Bevölkerungswachstum ging in dieser Zeit mit einer Nahrungsmittelknappheit einher. Im Jahr 1846 beschloss die Familie Nast zusammen mit 150000 weiteren Pfälzern, nach Amerika auszuwandern. Die Mutter und die ältere Schwester reisten zusammen mit dem kleinen Thomas über Paris in die USA. Der Vater blieb zurück denn er musste zuerst noch seine Militärzeit als Musiker einer Militärkapelle beenden. Im Anschluss folgte auch er der Familie, verstarb aber bald darauf mit 46 Jahren. Thomas Nast hatte ein Talent zum Zeichnen und bekam Zeichenunterricht. Mit seinen Zeichnungen musste er früh zur Ernährung von Mutter und Schwester beitragen. Als 15jähriger machte er schließlich sein Hobby zum Beruf und begann für den Zeitungsverlag „Habers Weekly“ sehr erfolgreich zu zeichnen. Vor allem der amerikanische Bürgerkrieg wurde von ihm sehr genau wiedergegeben, wodurch er zum berühmtesten Karikaturisten Amerikas heranwuchs. Inspiriert vom „pfälzischen Pelznickel“, holländischen „Senta Class“ und vom englischen „Father Christmas“, allesamt Figuren die von europäischen Auswanderern mitgebracht wurden, zeichnete Nast im Jahr 1863 einen Weihnachtsmann für die Zeitung. Dies war die Geburtsstunde von Santa Claus. Der gemütliche alte Mann wurde bald zum Erfolgsgaranten von Thomas Nast und das mitten im Amerikanischen Bürgerkrieg. In den Jahren danach zeichnete er immer neue Varianten des alten Mannes und stellte diesen vermehrt als freundliche Figur dar, vor dem kein Kind Angst haben musste. Er wurde inzwischen als Geschenkebringer und Wünsche-Erfüller präsentiert. Den weltweiten Siegeszug des bärtigen Mannes konnte er allerdings nicht mehr erleben, denn Thomas Nast starb bereits 1902 in Lateinamerika. In den 1930er Jahren wurde die Figur des Weihnachtsmannes erstmals von Coca Cola verwendet, denn seine Farben entsprachen auch den Traditionsfarben des Brauseherstellers. Heute kennt den Weihnachtsmann jedes Kind, denn in der Winterzeit lauert er überall auf, häufig in Verbindung mit einem Rentierschlitten, vollgepackt mit Geschenken, welche in Zeichentrickfilmen auch gerne mal durch den hauseigenen Kamin angeliefert werden. Na wenn da mal kein Feuer brennt!

Thomas Müller, Schloßau im Dezember 2020